18. VelsPol-Bundesseminar vom 7. - 10. Juli 2011 in Leipzig

Teilgenommen haben lesbische und schwule Polizeibedienstete aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus dem benachbarten Ausland. Erstmals fand eine feierliche Eröffnungsveranstaltung im Leipziger Rathaus unter  Beteiligung des Ordnungsbürgermeisters der Stadt Leipzig und dem Polizeipräsidenten der Polizeidirektion Leipzig statt. Die Schirmherrschaft übernahm der Schauspieler Jaecki Schwarz. Der fielen aus der Serie Polizeiruf 110 (MDR) bekannt ist und als Hauptkommissar Schmücke in Halle und Umgebung ermittelt. Mittlerweile ist Jaecki Schwarz Ehrenmitglied in unserem Landesverband Berlin-Brandenburg und unterstützt so weiter unsere Aktivitäten und Anliegen.

Die Themenvielfalt war an den Seminartagen breit gefächert. Nachfolgend eine kleine Zusammenstellung der besprochenen Themen:

Brauchen wir noch einen Verein „VelsPol“?

Hier wurde in einzelnen Arbeitsgruppen (AG) gearbeitet. Die jeweiligen AGs wurden durch die Bundesvorstandsmitglieder geleitet und geführt. Erarbeitet wurde, dass VelsPol regional unterschiedlich aktiv aufgestellt ist und es einzelne Bundesländer gibt, in denen es keinen Landesverband oder ähnliche Vereine/Gruppierungen gibt, zu nennen wäre hier z.B. Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen oder auch das Saarland. Es wurden Fragen aufgeworfen, warum dies so ist – die jedoch nicht abschließend geklärt werden konnten, da eben aus diesen Bundesländern keine Seminarteilnehmer anwesend waren. Weiter wurde festgestellt, dass gleiche Regierungskoalitionen (z.B. CDU/FDP) nicht zwingend zu gleicher rechtlicher Anerkennungen in den Ländern führen. So wurde beispielsweise in Bayern mit der FDP in der Koalition die Rechte der Homosexuellen Bürger umgehend gestärkt, während Baden-Württemberg hierzu in gleicher (damaliger) Regierungskoalition keine Notwendigkeit erkannte. Schließlich musste festgehalten werden, dass es noch sehr viel Nachholbedarf in den Ländern und im Bund gibt, bis von einer tatsächlichen Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen zu ihren heterosexuellen Mitbürgern ausgegangen werden kann. Die Polizei ist ein Spiegelbild der Gesellschaft und daher brauchen wir definitiv noch einen Verein wie VelsPol der den Finger für die Kolleginnen und Kollegen und die Gesellschaft in die Wunde legt.

Homophobie in der Polizei/Transsexualität

 

Referent: Leo Wild der Schwulenberatung Berlin

 

Herr Wild referierte in engagierter Art zunächst über das Thema Transsexualität. In seiner Eigenschaft als Mitarbeiter der Schwulenberatung in Berlin hat er zahlreiche Kontakte und so ein fundiertes Wissen, welches er interessant in einem Referat an die Seminarteilnehmer weiter geben konnte. Zum Thema Homophobie in der Polizei konnte er als „Außenstehender“ aufgrund von engen Kontakten zu den bei der Berlin Polizei installierten Ansprechpartnern für gleichgeschlechtliche Lebensweisen Ausführungen machen.

 

Ist Fortbildung zum Thema Homosexualität bei der Polizei heute noch notwendig?

 

Referent: Thomas Ulmer, Bundesvorsitzender VelsPol Deutschland e. V.

 

In Workshops kam man hier zu dem Ergebnis, dass das Thema Homosexualität deutschlandweit in die Ausbildung der Polizei integriert werden muss. Somit ist die Fragestellung des Workshops eindeutig mit Ja zu beantworten. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Länderpolizeien und der Bundespolizei sind gravierend. Zwar wird inzwischen bereits vermehrt „Diversity in der öffentlichen Verwaltung“ praktiziert, das bedeutet aber leider nicht, dass sich hier auch die Polizei öffnet bzw. erkennt, dass auch Homosexualität ein Thema ist, das unter dem Oberbegriff Diversity Berücksichtigung finden muss.

 

Ein inhaltliches Konzept wurde in Workshops erarbeitet. Besonders zu erwähnen sind folgende Punkte:

 

  • Homophobie in der Gesellschaft
  • Einbeziehung der Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen in der Polizei
  • Thematik der rechtlichen Gleichstellung

 

Diskriminierung ist vielfältig

 

Referentin: Antje Goll, Antidiskriminierungsstelle des Bundes

 

Frau Goll stellte anhand einer interessanten Power Point Präsentation und anschließender Diskussion die Arbeit und Aufgaben der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vor. Hier wurden auch Definite aufgezeigt, die so bislang nicht bekannt waren. Die Diskriminierungsstelle des Bundes erschien wie ein zahnloser Tiger; zwar war der Vortrag sehr interessant; jedoch hatten wir angenommen, die Antidiskriminierungsstelle hätte bessere Möglichkeiten, tatsächlich gegen Diskriminierung vor zu gehen.

 

Beamtenrechtliche Gleichstellung im Bund-/Ländervergleich

 

Referentin: Dipl.-Jur. Katharina Doumler, LSVD Deutschland e. V.

 

Frau Doumler informierte ausführlich und interessant über die aktuell vorhandenen Unterschiede in den einzelnen Bundesländern und im Bund zur rechtlichen Gleichstellung im Bereich des Beamtenrechtes. Anschaulich und kurzweilig referierte sie zudem über weitere aktuelle Themen die durch den LSVD Deutschland (Lesben- und Schwulenverband in Deutschland) derzeit vorangetrieben werden und wie der Verband diese in Politik und Wirtschaft thematisiert.

 

Homosexualität im Sport

 

Referent: Gerhard Eiserbeck, Präsident Hertha Junxx e. V.

 

Herr Eiserbeck sprach zu uns als Präsident des bundesweit ältesten schwul-lesbischen Fußball- Fanclubs und als Polizist. Hauptberuflich ist er Polizeibeamter bei der Bundespolizei. Er berichtete über seine Erfahrungen als offen schwuler Fußballfan in einem Fußballstadion. So sei es anfangs zu verbalen Anfeindungen anderer Fans gekommen; im Laufe der Jahre habe sich dies jedoch relativiert und inzwischen sei es in den Reihen der Fans des Hertha BSC völlig normal, dass dort homo- und heterosexuelle Fans gemeinsam ihrem Verein zujubeln. Als Verein erfahren die Hertha Junxx auch Unterstützung durch den Fußballverein Hertha BSC; sie seien dort überall bekannt und würden auch finanziell z.B. bei der Erstellung von Transparenten unterstützt. Teilnahmen der Hertha Junxx beim Berliner CSD und am Lesbisch-schwulen Stadtfest seien inzwischen Normalität.

 

Initiative 2 = 2

 

Referenten: Christian Richter und Sebastian Manzke

 

In Sachsen gehen die Uhren offensichtlich anders. Als eines von vielen Beispielen sei hier folgendes erwähnt: Bundesweit genießen Personen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben das Zeugnisverweigerungsrecht im Rahmen der StPO. Im Rahmen von z.B. Vernehmungen bei der Polizei muss hierüber im Vorfeld belehrt werden. Allerdings nicht in Sachsen. Hier verzichtete man bis vor kurzem darauf, Belehrungsformulare dementsprechend zu aktualisieren, obwohl die zuständigen Stellen über diesen Missstand durch die Initiative 2 = 2 mehrfach darauf hingewiesen wurden. Die Initiative 2 = 2 gründete sich aus einer Hand voll Studenten, deren Ziel es ist, die Rechte von Homosexuellen auch in Sachsen durchzusetzen. Lt. Mitteilung der Referenten ist Sachsen das Schlusslicht im Ländervergleich, wenn es um die Gleichstellung geht. Die Initiative wird mit Rat und Tat durch unseren Bundesverband unterstützt

 

Homosexualität und Homophobie im Fußball

 

Referentin: Tanja Walther-Ahrens, Autorin, ehemalige Spielerin in der Fußball Bundesliga der Frauen, Delegierte der Gay and Lesbian Sport Federation (EGLSF) beim europäischen Netzwerk Football Against Racism in Europe (FARE), hauptberuflich Lehrerin

 

Frau Walther-Ahrens referierte mit Unterstützung einer Power Point Präsentation. Sie referierte über eines der größten Tabuthemen in einer männlich dominierten Sportwelt – nämlich dem Profifußball – in der es um Stärke, um Leistung und um Selbstsicherheit geht. Statistisch betrachtet müsste jeder 10. Spieler und jede 10. Spielerin homosexuell sein. Out ist jedoch niemand aus der Ersten Bundesliga – weder bei den Frauen, noch bei den Männern. Frau Walther-Ahrens beleuchtete das Thema Homosexualität und Homophobie  im Profi-Fußball aus verschiedenen Blickwinkeln und ergänzte dies mit eigenen Erfahrungen.