VelsPol Deutschland

Das Mitarbeiternetzwerk für LSBT in Polizei, Justiz und Zoll

Bei der 213. Sitzung der Innenministerkonferenz im Dezember 2020 wurde eine neue Polizeidienstvorschrift (PDV 300) beschlossen. Hierdurch wurden trans* und inter*-diskriminierende Barrieren für den Einstieg in den Polizeivollzugsdienst beseitigt.

Die neue PDV 300 ist am 01.01.2021 bundesweit in Kraft getreten und ist ein starkes Signal zum Abbau von Vorurteilen und Stigmatisierung gegenüber trans* und inter* Personen.Im Einstellungs- Auswahlverfahren müssen Bewerber*innen sportliche, schriftliche und gesundheitliche Voraussetzungen erfüllen. Die PDV 300 beinhaltet die gesundheitlichen Einstellungsvoraussetzungen, an denen sich die Polizeiärztlichen Dienste orientieren, um Personen als polizeidiensttauglich bzw. -untauglich einzustufen. Noch bis Ende 2020 war diese Vorschrift teilweise in männliche und weibliche Voraussetzungen unterteilt. Dies ist nun nicht mehr der Fall. Es wurden keine zusätzliche, dritte Geschlechtskategorie für diverse Bewerber*innen, sondern einheitliche Voraussetzungen für alle eingeführt.

Hierzu wurde vorwiegend eine genderneutrale Sprache verwendet. Zudem verlangte die binärgeschlechtliche Einteilung cis-normative Eigenschaften. Diese an hormonelle Werte und Geschlechtsorganen verknüpften Bedingungen für Männer und Frauen konnten von trans* und inter* Bewerber*innen nicht erfüllt werden.

Nunmehr ist es Berufsinteressierten unterschiedlichster Geschlechtseinträge und Geschlechtsidentitäten möglich, unabhängig ihrer Hormonwerte oder Geschlechts-merkmale als polizeidiensttauglich eingestuft und somit zur Ausbildung zugelassen zu werden.Für diejenigen, die erst nach der Einstellung herausfanden, trans* oder inter* zu sein und sich derzeit noch in der Ausbildung oder Probezeit befinden dürfte es in Bezug auf die PDV 300 keinen Grund mehr geben, mit dem Outing bis zur Verbeamtung auf Lebzeit zu warten. 

Sich länger der psychischen Belastung eines Doppellebens auszusetzen kann gesundheitliche Folgen mit sich bringen. Polizeibehörden haben jetzt die Aufgabe im Rahmen Ihrer Fürsorgepflicht aktiv Outing-Unterstützung anzubieten.Die Innenministerien folgen mit der Reform der PDV 300 zudem einer Unterrichtung des Europäischen Parlaments von 1989. In dieser Unterrichtung wurde Deutschland dazu aufgefordert, Maßnahmen zur  hancengleichheit für trans* Personen auf dem Arbeitsmarkt einzuleiten, da bereits in den 80er Jahren die überdurchschnittlich hohe, auf Vorurteilen und Diskriminierung basierende Arbeitslosenrate bei trans* Personen bekannt war.

VelsPol hat in der Vergangenheit auf unterschiedlichen Wegen immer wieder eine Überarbeitung der PDV 300 gefordert und ist sehr erfreut darüber, dass die Kritikpunkte in Gänze gestrichen wurden.

Am 04. Oktober wurde ein schwules Ehepaar aus NRW, das Dresden besuchte, von einem islamistischen Extremisten, einem 20jährigen Flüchtling aus Syrien, mit einem Messer attackiert. Einer der Männer starb vor Ort, sein Lebenspartner überlebte das Attentat schwer verletzt. 

Während sonst bei islamistischen Attentätern relativ schnell nach der Tat die Radikalisierung und die Motivation des Täters ermittelt und öffentlich benannt wird, durfte in diesem Fall der Begriff „Homophobie“ offensichtlich nicht fallen. Der Täter war bereits einschlägig bekannt, strafrechtlich in Erscheinung getreten und hatte Meldeauflagen. In Deutschland leben ca. 615 Gefährder- und das sind nur die bisher bekannt gewordenen islamistische Radikale.
Dieses Attentat ist nicht der erste Angriff gegen LGBT von islamistischen Radikalen, die u.a. durch Politiker wie Erdogan moralische Unterstützung erhalten. Aber zu den erklärten Feinden von LGBT* zählen neben den islamistischen Radikalen auch andere christlich-religiöse Radikale sowie Rechtsradikale. 
Erschreckend ist neben den Attentaten die Tatsache, dass es in Deutschland an ganzheitlichen Konzepten gegen Hassdelikte mangelt und auch keine Bemühungen unternommen werden,diese zu erarbeiten und umzusetzen. Lediglich in Berlin werden -immerhin- Hassdelikte gegen LGBT* entsprechend erfasst und vom Staatsschutz bearbeitet, während es diese Erfassung und Bearbeitung in anderen Bundesländern gar nicht gibt oder nicht vollumfänglich umgesetzt werden.  Aber auch eine Erfassung und adäquate Strafverfolgung alleine reichen nicht aus.
Ein ganzheitliches Konzept muss alle Aspekte des Phänomenbereichs „Hassdelikte“umfassen, die Prävention, Strafverfolgung, gesellschaftliche Bildung und den gesellschaftlichen Diskurs. Der VelsPol fordert daher das Bundesinnenministerium und die Innenministerien der Bundesländer auf, unter Beteiligung der in der Zivilgesellschaft vorhandenen Expertise und Kompetenz, ganzheitliche Konzepte gegen Hassdelikte, auch gegen LGBT* einzuführen, die insbesondere die Teilaspekte

  • präventive Maßnahmen, bspw. Aufklärung und Diskussion im Schulunterricht, in der Erwachsenen- und Zuwandererbildung, 
  • öffentliche Medienkampagnen,
  • eine angebrachte Strafverfolgung mit Erfassung der Motivation des Täters (vorurteilsmotivierte Hasskriminalität) und einer adäquaten Bearbeitung durch Staatsschutzdienststelle
  • verpflichtende Ausbildungs- und Fortbildungseinheiten über Hasskriminalität sowie dem Themenfeld Homo- und Transphobie in der Polizei und Justiz auf allen Ebenen

umfassen.

          
Unser Mitgefühl gilt dem Lebenspartner des ermordeten Mannes.

Neben inter- und transgeschlechtlichen Menschen wird auch Menschen mit HIV, die unter der Nachweisgrenze liegen Dienstuntauglichkeit unterstellt.

Unser Bundesvorsitzender Thomas Ulmer hat am 25.08.2018 im Rahmen der Bundestagung `Positive Begegnung_2018` in Stuttgart an einer Podiumsdiskussion zur Thematik diskriminierende Einstellungskriterien bei der Polizei teilgenommen. Nachdem in den vergangenen Jahren die Polizeien der Länder und des Bundes unterschiedliche Verfahrensweisen im Umgang mit Beschäftigten mit einer HIV-Infektion hatten, haben sich die leitenden Polizeiärzte der Polizeien der Länder und des Bundes auf einer Tagung darauf vereinbart keine Menschen mit einer HIV-Infektion auch unter der Nachweisgrenze einzustellen. Nach Ansicht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist dies eine höchst diskriminierende Verfahrensweise.

Thomas Ulmer hat sowohl mit der DAH (Deutsche AIDS-Hilfe) und auch mit dem Bundesgesundheitsministerium eine Zusammenarbeit vereinbart.

Die Ärzte der Bundeswehr haben hierzu eine
diskriminierungsfreie Entscheidung zwischenzeitlich getroffen.

PayPal

Am 3. Mai 2018 führte das PayPal-Pride-Team im Berliner Büro des Unternehmens eine Kick-Off-Veranstaltung für ein Ally Programm durch. Das Ally Programm ist ein langfristiges Programm, welches für ein offenes Miteinander wirbt, LGBTI* Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützt und gegen Diskriminierungen einsteht. Auf Einladung des PayPal-Pride-Teams nahm unser Landesvorsitzende Marco Klingberg an einem Lunchtalk teil und stellte den PayPal Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unser Netzwerk sowie unsere umfangreiche Arbeit vor. Es war eine sehr interessante Veranstaltung und wir freuen uns auf eine zukünftige Vernetzung.

Bundesvorstand

Am 7. März 2020 wurde durch die Delegierten auf dem VelsPol-Verbandstag in Mainz ein neuer Bundesvorstand gewählt: Tom Geyer (Bayern), Diana Gläßer (Rheinland-Pfalz), Horst Reulecke-Fortes (Nordrhein-Westfalen).

Queeres Brandenburg

Fast die Hälfte (48 Prozent) aller lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender, trans- und intersexuellen sowie queeren Menschen in Brandenburg haben innerhalb der vergangenen fünf Jahre Diskriminierung erfahren. Das sind die Ergebnisse einer Online-Befragung, die Sozialministerin Diana Golze am 26. Februar 2018 bei einem Fachgespräch in Potsdam vorgestellt hat. Golze: „Die Ergebnisse der Studie machen betroffen. Trans*Menschen leiden besonders stark unter Ausgrenzung. Zu denken gibt mir auch, dass die Diskriminierungserfahrungen von Jugendlichen in ihren Familien und der Schule als stark belastend empfunden werden – in einer Entwicklungsphase rund um ihr eigenes Coming-out, in der sie eigentlich besondere Sicherheit und Geborgenheit brauchen. Die Studie zeigt, dass queere Menschen bei aller rechtlichen Gleichstellung in der Praxis oft noch benachteiligt oder ausgegrenzt werden.“

Die Befragung wurde im Rahmen der Erarbeitung des „Aktionsplans für Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, für Selbstbestimmung und gegen Homo- und Transphobie in Brandenburg“ (kurz: „Aktionsplan Queeres Brandenburg“) durchgeführt. Erkenntnisse sind in den Aktionsplanprozess eingeflossen. Mehr als 300 Menschen haben über die Online-Plattform Auskunft zu ihren Erfahrungen in verschiedenen Lebenssituationen gegeben – von der Familie über Schule, Beruf, Sportverein, Arztpraxis bis hin zur Polizeiwache.

Einige Ergebnisse der Online-Befragung:

  • Am häufigsten waren mit 77 Prozent Transsexuelle und Transgender von Diskriminierung betroffen. Bei Lesben waren es 54 Prozent, bei Schwulen 41 Prozent und bei Bisexuellen 32 Prozent.
     
  • Die Diskriminierungserfahrungen waren in der Stadt mit 53 Prozent wesentlich höher als auf dem Land (39 Prozent) – was möglicherweise daran liegen könnte, dass die Menschen anders als in der Stadt dort öfter ihre Identität nicht preisgeben. Hauptorte der Diskriminierung waren die Familie und der öffentliche Raum, in der jeweils 43 Prozent der Betroffenen negative Erfahrungen machten. In Freizeit und Schule waren es jeweils 41 Prozent. An Hochschulen (18 Prozent) sowie bei Polizei und in der Justiz (14 Prozent) wurde vergleichsweise von wenig negativen Erfahrungen berichtet.
     
  • Im Bildungssektor insgesamt gab es weniger Diskriminierung als  bei vergleichbaren Befragungen in anderen Bundesländern. In Brandenburg haben „nur“ 41 Prozent der Befragten negative Erfahrungen an Schulen und 18 Prozent an Hochschulen gemacht. In Baden-Württemberg waren es 77 Prozent an den Schulen und 55 Prozent an den Hochschulen. Aber: Hierzulande hat sich nur ein Viertel der Befragten gegenüber dem Lehrpersonal und nur die Hälfte gegenüber den Gleichaltrigen geoutet.
     
  • Am Arbeits- oder Ausbildungsplatz sehen sich 38 Prozent der Befragten diskriminiert – durch Nicht-Ernstnehmen, Lästern, unangenehme Witze bis hin zu Nachteilen beispielsweise bei der Stellenvergabe oder der beruflichen Weiterentwicklung.
     
  • Jede sechste befragte Person erlebte innerhalb der vergangenen fünf Jahre Gewalt oder ein Verbrechen aufgrund der sexuellen Orientierung oder der geschlechtlichen Identität. Die Dunkelziffer ist hoch: Nur ein knappes Drittel der Angriffe wird angezeigt. Dabei fühlten sich die Betroffenen von der Polizei mehrheitlich ernstgenommen und erlebten entgegen ihrer Erwartungen eine sachliche und kompetente Bearbeitung ihres Falls.

Im Rahmen des Fachaustausches zum "Aktionsplan Queeres Brandenburg" kam es auch zu einigen Projektvorstellungen. So stellte u. a. Polizeioberkommissar Marco Klingberg seine Arbeit als Ansprechperson für LSBTI* Belange im Polizeipräsidium Land Brandenburg vor.